Zucker und Sucht
Sucht ist ein sensibles und stigmatisiertes Thema. Es ist ein Eingeständnis der eigenen Schwäche, des Kontrollverlustes. Doch was hat das mit Zucker zu tun? Können wir etwa von Zucker süchtig werden?
Woher wissen wir, ob wir süchtig sind?
Sucht können wir laut WHO an sechs Kriterien erkennen, von denen drei innerhalb des letzten Jahres erfüllt sein müssen:
- Starker Wunsch und/oder Zwang nach Konsum (z. B. ausgeprägter Drang nach Essen, ständiges Suchen nach dem Suchtmittel)
- Kontrollverlust (z. B. essen auch ohne Hunger, verminderte Kontrolle bezüglich des Beginns, der Menge und/oder der Beendigung der Mahlzeit)
- Fortschreitender Konsum trotz negativer Folgen (z. B essen bis zum Unwohlsein, Schuldgefühle, Adipositas)
- Toleranzentwicklung (z. B Bedürfnis nach Dosissteigerung, immer mehr Zucker nötig bis zur Befriedigung)
- Entzugssymptome (z. B. Niedergeschlagenheit, Depression, Ängste, Gereiztheit, Schlaflosigkeit, Zittern, Kopfschmerzen)
- Beeinträchtigung des Lebens (z. B. erhöhter Zeitaufwand zur Beschaffung des Suchtmittels sowie zur Erholung von den Konsumfolgen, Vernachlässigung anderer Interessen, des Berufs- und Soziallebens)
Bis auf den letzten Punkt lassen sich diese Kriterien oft auch auf das Suchtmittel Zucker übertragen. Welche Punkte zutreffen und in welcher Ausprägung, variiert von Person zu Person. Trotzdem ist Zuckersucht bis heute nicht offiziell anerkannt. Studien zeigen jedoch eindeutig, dass Zucker ein Suchtmittel ist.
Wie wirkt Zucker auf unseren Körper?
Zucker wirkt u. a. direkt auf unser Gehirn und beeinflusst damit unser Verhalten. Nehmen wir zuckerhaltige Nahrung zu uns, wird das Belohnungssystem aktiviert, d. h. Dopamin wird ausgeschüttet. Die Dopaminausschüttung reduziert kurzfristig den Stress und verbessert die Stimmung; wir fühlen uns gut. Doch mit zunehmendem Konsum wird unser Gehirn unempfänglicher für das Signal Zucker, weil Dopaminrezeptoren aus Schutz vor Überreizung abgebaut werden. Nun ist mehr Zucker nötig, um dieselbe Menge an Dopamin zu erhalten und so denselben Belohnungseffekt mit den guten Gefühlen hervorzurufen. Die Toleranz verändert sich. Zusätzlich beeinflusst Zucker die Hunger- und Sättigungssignale. Es kann deutlich mehr konsumiert werden, wenn Zucker in der Mahlzeit enthalten ist, als wenn sie nur aus komplexen Kohlenhydraten, Fetten oder Proteinen besteht. Dies führt zum Kontrollverlust und meist auch der Zunahme an Gewicht durch die überschüssigen Kalorien. Man sollte sich aber nicht von dem Gedanken fehlleiten lassen, dass man automatisch fettleibig sein muss, um zuckersüchtig zu sein. Auch dünne Menschen können der Zuckersucht erliegen, indem sie viel Zucker essen, ohne jedoch ihren Kalorienbedarf zu überschreiten.
Was können wir tun?
Der erste wichtige Schritt ist das Eingeständnis „Ich bin zuckersüchtig.“. Haben wir uns die Sucht eingestanden, können wir unsere Stärke darin finden und den Weg zur Selbstwirksamkeit beschreiten. Ein Weg auf den man stolz sein kann.
Der Ausstieg aus der Sucht ist dabei kein einfacher. Heutzutage ist Zucker omnipräsent und ein soziales Bindemittel. Was wir machen können, ist zuerst einmal, den Zucker in den Lebensmitteln zu erkennen, um ihn dann gezielt zu umgehen. Fast automatisch wird dadurch unsere Ernährung immer mehr mit frischen Lebensmitteln voller Ballaststoffe, Vitaminen und Mineralstoffen bereichert. Unsere Ernährung wird nahrhafter und gesünder.
Glücklicherweise gibt es inzwischen viele zuckerfreie Rezepte für jegliche Mahlzeiten sowie Snacks und Desserts, die bei der Ernährungsumstellung unterstützen können. So können die gewohnten Mahlzeiten zu zuckerfreien Alternativen abgewandelt werden und geliebte Rituale wie fröhliche Festessen mit Familie und Freunden können beibehalten werden. Das erleichtert die Umstellung deutlich. Denn es gibt kein schöneres Gefühl, als mit gutem Gewissen genussvoll zu essen.